Innenminister Holger Stahlknecht vor Gymnasiasten über Privatleben, Job und Corona

VON KAI ZUBER ALTMARKZEITUNG

Beetzendorf – Der Skandal um Lobby-Tätigkeiten und Nebeneinkünfte des jungen CDU-Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor aus Mecklenburg-Vorpommern beschäftigt auch die Beetzendorfer Gymnasiasten. Mit kritischen Fragen zu dem Thema löcherten die Schüler der zehnten und elften Klassen den obersten Ordnungshüter des Landes Sachsen-Anhalt.

Wann hat man schon einmal einen Innenminister im Unterricht zu Gast? Die Beetzendorfer Gymnasiasten nahmen, anfangs noch zurückhaltend, doch dann zunehmend selbstbewusster, gerne diese einmalige Gelegenheit wahr.
Fotos: Kai Zuber ALTMARKZEITUNG

Eine ganze Sozialkunde-Stunde mit Holger Stahlknecht war angesetzt. Die Pennäler – anfangs noch etwas zurückhaltend, doch dann zunehmend unverzagter – fragen ihren Innenminister über Privatleben, Job und Corona aus.

In Anwesenheit des CDU-Landtagsabgeordneten Carsten Borchert als Moderator, Schulleiter Hartmut Palutke und Sozialkunde-Fachlehrer Alexander König erklärte Stahlknecht zum Fall Amthor, dass Nebentätigkeiten von Abgeordneten transparent sein müssten. Er sprach sich zudem für ein Lobby-Register aus.

Sozialkunde, die Beobachter mit DDR-Vorkenntnissen zuweilen an das Fach Staatsbürgerkunde erinnert, erfreut sich bei vielen Gymnasiasten naturgemäß nicht gerade allergrößter Beliebtheit. Also brauchten die Schüler in der Beetzendorfer Aula zu früher Morgenstunde eine kleine Starthilfe. Die leistete der Gast aus Magdeburg und plauderte auf die Standardfrage, wie er zur Politik kam, aus dem Nähkästchen: „Dass ich jetzt Innenminister bin, daran ist eigentlich eine Flasche Wein schuld“, sagte Holger Stahlkecht. Dann erklärte er, wie er für die CDU rekrutiert wurde. Denn: Bei seinem kommunalpolitischen Engagement für eine Wählergemeinschaft in seinem Ort blieb er eines Abends zu lange sitzen, als eben dieser Wein „geköpft“ wurde. Später warb CDU-Spitzenmann Thomas Webel den gelernten Juristen mit Spezialgebiet „Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität“ für die Christdemokraten an.

Schuld ist eigentlich eine Flasche Wein

Holger Stahlknecht auf die Frage eines Gymnasiasten zu seinem Weg ins Amt des Innenministers

Innenminister Holger Stahlknecht sprach offen über Familie, Job und politische Ansichten. Fotos: Kai Zuber ALTMARKZEITUNG

Stahlknecht erzählte, dass er aus einem kleinen Dorf bei Magdeburg stammt und dort zusammen mit seiner Frau ein Haus gekauft hat. Erst habe es dort nur ein Klavier und einen Hund gegeben. Heute zählt er zu seiner Familie zwei jugendliche Söhne (Jura-Student und Abiturient), zwei Labradore und eine Ehefrau mit viel Verständnis. „Ich habe kein Privatleben, habe selten mal ein freies Wochenende und komme fast nie vor 22 Uhr nach Hause“, berichtete der hohe Besuch.

Mittlerweile schienen die Gymnasiasten in der Aula etwas reger geworden zu sein und fragten den Gast, was jedoch nicht ganz ohne Zusatzmotivation von Lehrer Alexander König abging. Neues Thema: Pressefreiheit. „Das ist ein hohes Gut, aber zuweilen wird alles skandalisiert. Wir sind aber nicht unfehlbar“, streifte Holger Stahlknecht die Schattenseiten des politischen Tagesgeschäfts.

„Was halten Sie vom Antidiskriminierungsgesetz aus Berlin?“, lautete die neue Frage einer Schülerin. Dazu äußerte sich der Gast mit fachlichem Anwalts-Sachverstand: Problematisch sei hier die umgekehrte Beweislast. Ein Beschuldigter, der mutmaßlich des Rassismus bezichtigt wird, müsse beweisen, dass er unschuldig sei. Das erschwere unter anderem die Arbeit der Polizei.

Dann wurde der CDU-Mann, der seit 2002 in der Landespolitik mitmischt, über die Wechselbeziehungen zur Berliner Bundespolitik gefragt. Die habe vor allem in finanzieller Hinsicht einen großen Einfluss, erläuterte Holger Stahlknecht und warb dann im jungen Publikum dafür, sich politisch selbst zu engagieren. „Ich bin aber gegen die Karriereleiter Kreißsaal-Hörsaal-Plenarsaal. Wir brauchen Menschen mit Berufserfahrung und haben schließlich keine Erbmonarchie mehr, sondern eine wunderbare Demokratie“, betonte der Gast, während seine drei Bodyguards den Ausgang der Aula bewachten und draußen am Parkplatz weitere Sicherheitskräfte an den gepanzerten Luxus-Limousinen warteten.

Die Zeit mit der Corona-Pandemie habe ihm etwas mehr Luft in Sachen Privatleben verschafft. „Ich kann aber gar nicht verstehen, dass hier einige Familien im Stress waren, weil sie mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen mussten“, meinte der bekennende FCM-Fan und warb für Verständnis bei harten Entscheidungen während der Krise. „Politisch angegriffen zu werden, gehört zum Geschäft. Man sollte aber nie vergessen, den Anstand zu wahren“, schloss Innenminister Holger Stahlknecht die Beetzendorfer Schulstunde und Carsten Borchert lud die Schüler zu einem Ausflug in den Magdeburger Landtag ein.

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