Salzwedel – Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff (CDU) hat eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags blockiert und sich damit nicht nur Freunde gemacht. Das Ausscheren Sachsen-Anhalts als einziges Bundesland wird kontrovers diskutiert. Der altmärkische CDU-Landtagsabgeordnete Carsten Borchert aus Jübar stellte sich im AZ-Gespräch hinter die Entscheidung, will grundsätzliche Reformen bei den Öffentlich-Rechtlichen.

Ging es Ihnen nur um die Gebührenerhöhung?

Carsten Borchert, Landtagsabgeordneter aus Jübar, sprach gestern in seinem Salzwedeler Büro mit der AZ über die Hintergründe der Rundfunkgebührendebatte.

Borchert: Die Kuh ist vom Eis. Wir haben den Bürgern in ganz Deutschland eine Rundfunkbeitragserhöhung von knapp fünf Prozent erspart. Wir sind einen anderen Weg gegangen als die Anderen. Ich meine damit nicht das Andersseinwollen oder die fünf Prozent: Dadurch wurde erreicht, dass der gesamte Rundfunkstaatsvertrag komplett neu ausgehandelt werden muss.

Was wird nun passieren?

Borchert: Ich schätze, dass das laut der Erfahrungen mindestens zwei Jahre dauern wird. In dieser Zeit können wir ohne Druck Einsparpotenziale in unseren Öffentlich-Rechtlichen durchsetzen. Ich habe bereits Signale aus anderen Bundesländern bekommen. Diese haben die Beitragserhöhung durchgewunken, ohne sich damit zu beschäftigen – das wird ihnen nicht noch einmal passieren.

Wollen Sie weiter über den Rundfunkvertrag im Gespräch bleiben?

Borchert: Wir haben dafür gesorgt, dass wir Bürger für die Zukunft nicht mehr als Selbstbedienungsladen gesehen werden. Dabei haben wir noch nicht einmal die Werbeeinnahmen berücksichtigt, die die Sender zusätzlich verbuchen. Neben dem Abwenden höherer Gebühren ist das Hauptanliegen gewesen, endlich eine deutschlandweite Diskussion über die Öffentlich-Rechtlichen zu ermöglichen.

Was wollen Sie erreichen? Ein Ende der Öffentlich-Rechtlichen?

Borchert: Die Öffentlich-Rechtlichen muss es weiter geben – ohne Wenn und Aber. Aber nicht zu diesen Bedingungen. Ich sehe großes Einsparpotenzial. Ich kann bei mir zu Hause mein Budget auch nicht überziehen, und die Öffentlich-Rechtlichen können das auch nicht.

Wie sehen Sie das vor dem Hintergrund der Pandemie?

Borchert: Zusätzlich hat Corona gezeigt, wie schnell die Welt sich ändert. Viele Menschen bangen um ihre Arbeitsplätze, um ihre Existenz. Und in dieser Situation kommen die Öffentlich-Rechtlichen daher und fordern eine Beitragserhöhung. Ein ganz schlechtes Zeichen.

Was soll konkret dabei herauskommen?

Borchert: Es ist ein zusätzliches Zeichen, dass der öffentliche Rundfunk trotz Corona nicht verstanden hat, worum es uns geht. Die CDU in Sachsen-Anhalt hat seit acht Jahren auf die Selbstbedienungsmentalität und deshalb auf eine Umstrukturierung hingewiesen und ist dabei immer wieder auf taube Ohren gestoßen. Jetzt haben wir ein Zeichen gesetzt. Was dabei herauskommt, wird in drei Jahren in allen 16 Bundesländern entschieden.

Dann müssen aber alle Bundesländer zustimmen – auch Sachsen-Anhalt.

Borchert: Ich habe mir die Frage gestellt, warum bei einer Grundgesetzänderung nur eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat notwendig sind – was fast unmöglich ist – aber beim Rundfunk-Staatsvertrag ein Gesetz existiert, das vorgibt, dass 100 Prozent aller Bundesländer dafür stimmen müssen? Ich bin der festen Meinung, dass die Macher dieses Gesetzes sich dabei etwas gedacht haben. Als frei gewählter Abgeordneter möchte ich das Recht wahrnehmen dürfen, im Interesse der Sache, also der Bürger, und mit ehrlicher Meinung abstimmen zu dürfen.

Wie schätzen Sie das nun erreichte Ergebnis ein?

Borchert: Für mich ist es auch eine innerliche Beruhigung, dass man in der Politik trotz massiven Gegenwinds eine Sache, von der man überzeugt ist, zusammen mit anderen Mitstreitern durchsetzen kann. Ich habe in der kleinen und in der großen Politik gelernt, dass es immer schwerer wird, für die Bürger einzustehen und bei Gegenwind nicht umzukippen. 

Quelle: Altmarkzeitung hob

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