Gesprächsabend im Salzwedeler Hanseat / Ehrenamt als Zeichen der Identifikation mit Region
Zu einem Themenabend mit einem sehr regionalen Bezug hatte die Konrad-Adenauer- Stiftung am Montag geladen. Auf dem Programm stand: „Heimat und Identität und ihre Bedeutung für uns“.

Salzwedel (Quelle: Volksstimme von Oliver Becker) Als Austragungsort war das Hanseat gewählt worden. Und das nicht ohne Grund. Das Soziokulturelle Zentrum und der vorherige Jugendklub stand und steht für viele Menschen in der Region auch eng mit den Begriffen Heimat und Identität in Zusammenhang.

So auch für den Jübarer Carsten Borchert, Mitglied des Landtages, und den Immekather Michael Ziche, Landrat des Altmarkkreises Salzwedel. Beide wurden in Salzwedel geboren und kennen den Klub auch schon aus ihren Jugendtagen. Sie wissen dessen Engagement für die Region wohl zu schätzen.

Als weitere Redner begrüßte Alexandra Mehnert, Leiterin des Politischen Bildungsforums der Stiftung, den Bundestagsabgeordneten Jörg Hellmuth, Professor Dr. Mathias Tullner von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und Dr. Jochen Alexander Hoffmann, Leiter der Museen des Altmarkkreises Salzwedel.

Begriff Heimat ist subjektiv

Alexandra Mehnert erinnerte an historische Persönlichkeiten des Bundeslandes, aber auch an die kurze und wechselvolle Geschichte Sachsen-Anhalts. Dieses habe lediglich von 1947 bis 1952 Bestand gehabt und wurde erst nach 1990 wieder ins Leben gerufen. Reichte diese relativ kurze Zeit für die Menschen in unserem Land aus, um sich mit dem Land zu identifizieren und es als Heimat zu betrachten? Sie übergab das Mikrofon an Carsten Borchert, der den Abend moderierte.

Der Begriff Heimat sei immer subjektiv, betonte Hoffmann. Jeder habe eine andere Betrachtungsweise dazu. Dieses werde auch noch von der Zeit beeinflusst, in der der betreffende Mensch lebt, der sich dazu äußert. Als Leiter des Freilichtmuseums Diesdorf bezog er sich auf dessen Gründer, Dr. Georg Schulze.

Dieser hatte den Begriff ganz klar definiert. Für Schulze war Heimat das, was er mit der Gründung des Freilichtmuseums bewahren wollte, das Vertraute. Gebäude, die bedroht waren, im Zuge der Modernisierung zu verschwinden. Für ihn definierte sich das Heimatgefühl auch durch Erinnerungen an die Kindheit, die Eltern, die Nachbarskinder und das Elternhaus. Ein sehr begrenzter Rahmen also, der das versinnbildlichte, was für Heimat stand. Für den gebürtigen Oberfranken Hoffmann ist Heimat dort, wo man lebt und sich wohlfühlt. Seine Kinder werden zwar ihre Oma in Oberfranken besuchen, aber dann wieder nach Haus fahren, sagte er.

Globale Kommunikation

Es stellt sich die Frage, wie flexibel muss Heimat sein und wie viel Veränderung lässt sie zu. Jörg Hellmuth stammt ursprünglich aus dem Mansfelder Land. Nach dem Studium arbeitete er bei der LPG in Wust. Doch bereits nach einem Jahr wollte er kündigen und zurück in seine Heimat gehen, berichtete er.

Eine Erkrankung seiner Frau ließ dieses allerdings nicht zu und so verblieb er in der Altmark, bis heute. Die Altmark wurde seine Heimat und mit ihr identifiziere er sich. „Heimat ist da, wo man sich nicht erklären muss“, zitierte Michael Ziche den Philosophen Gottfried Herder.

Die Technik mache es heutzutage möglich, dass global kommuniziert werden kann, aber der Wohnort ist der Dreh- und Angelpunkt. Dass viele Menschen nach der politischen Wende weggezogen seien, wäre nicht ein Zeichen dafür, dass sie hier nicht gerne leben. Es war oft eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Die Wirtschaft in der Altmark war zur Zeit der DDR zu einseitig aufgestellt gewesen. Eine Umstrukturierung erfordere Zeit, die manche nicht aufbringen mochten. Dass sich zahlreiche Menschen mit der Region identifizieren, zeige der hohe Anteil an Ehrenämtern. Diese seien eine wichtige Stütze der Gesellschaft und stehen für einen Bezug zur Region.

Mathias Tullner gehört zu denen, die ihre angestammte Heimat, bedingt durch den Zweiten Weltkrieg, verlassen mussten. Der Historiker sieht es mit den Augen seines Berufsstandes. Er vertritt die Meinung: Wer sich mit der Geschichte seiner Region identifiziert, der ist angekommen. Wir sind das Land mit dem größten Defizit der Bürger an der eigenen Geschichte. Die Kenntnis über die Geschichte und die Traditionen führe dazu, Heimatgefühle zu entwickeln.

Jochen Alexander Hoffmann (von links), Michael Ziche, Mathias Tullner und Carsten Borchert baten das Publikum um Diskussionsbeiträge. Doch dieses schien lieber zuzuhören. Fotos: Oliver Becker

Jochen Alexander Hoffmann (von links), Michael Ziche, Mathias Tullner und Carsten Borchert baten das Publikum um Diskussionsbeiträge. Doch dieses schien lieber zuzuhören. Fotos: Oliver Becker

Verwirklichung

Michael Wolter als Leiter des Soziokulturellen Zentrums hatte die Gäste zunächst durch das Haus geführt. Das Hanseat habe nicht nur durch die angebotene kulturelle Vielfalt einen hohen Bekanntheitsgrad und erfreue sich großer Beliebtheit. Durch die im Haus tätigen Vereine, wie Aktion Musik oder der Offene Kanal, werde die Basis gelegt, damit sich die Menschen mit ihren Aktivitäten verwirklichen können und sich gleichzeitig mit diesem Teil Salzwedels identifizieren.

„Wir möchten ein Haus des gesellschaftlichen und politischen Diskurses sein“, sagte er und fügte hinzu: „Und darum freuen wir uns, dass solche Veranstaltungen wie die heutige bei uns durchgeführt werden. Mit uns immer gerne wieder.“

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